„Der katholische Bulle“ und „Der sichere Tod“ im Vergleich:

Mit zwei Krimi-Serien hat sich der irische Schriftsteller Adrian McKinty auch hierzulande in die Herzen vieler Fans des Genres geschrieben. Seine Romane um den nach New York ausgewanderten Michael Forsythe, der in einer Gang landet, und den katholischen Polizisten Sean Duffy, der mitten in Nordirland ermittelt, könnten unterschiedlicher nicht sein. Und das gilt beileibe nicht nur für ihre Handlungen. Adrian McKinty zeigt in diesen Serien eine ungewöhnliche Bandbreite seines schriftstellerischen Könnens. Ein Grund mehr, die jeweils ersten Bände der zwei Reihen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Der sichere Tod“ von Adrian McKinty:

Der sichere Tod von Adrian McKintyDie Trilogie startet mit einem rasanten Straßen-Thriller, in der Protagonist Michael Forsythe eine wahre Gewaltorgie erlebt. Dabei bedient sich Adrian McKinty durchaus bekannter Erzählmuster und erzählt die klassische Story des Underdogs – das Krimi-Genre bedient der Autor routiniert.

Doch wie er das macht, wie also „Der sichere Tod“ die Geschichte eines illegalen irischen Einwanderers in der brutalen Großstadt erzählt, das ist die eigentliche Brillanz des Romans. Sein Stil ist kurz, hart und abgehackt, die Sprache durchaus heftig und schmutzig. Beides passt sich Zeit und Ort der Handlung an: Wir befinden uns in den 1990ern in der Bronx. Erzählt wird aus der Perspektive Michael Forsythes.

Der ist ein durchaus intelligenter, literarisch interessierter und mitunter sogar tiefschürfender Protagonist, dem das Gangster-Gewerbe wie auf den Leib geschnitten scheint und der dem Leser in zahlreichen inneren Monologen näher kommt, ohne dass er je wirklich zur Identifikationsfigur wird. Dazu kommen fließende, in den Text verwobene Dialoge, die der Autor nicht mit Anführungszeichen kennzeichnet. Diese nahezu als Stakkato-Stil anmutende Schreibweise ist bisweilen anspruchsvoll zu lesen, bringt den Zeitgeist und das Milieu jedoch äußerst ansprechend und lebensecht herüber.

„Der katholische Bulle“ von Adrian McKinty:

Der katholische Bulle von Adrian McKintyAuch das Nordirland der 1980er Jahre ist kein besonders angenehmer Ort, ganz sicher nicht für Detective Sergeant Sean Duffy, der, so hat man manchmal den Eindruck, wohl der einzige Katholik in ganz Belfast zu sein scheint. In „Der katholische Bulle“ führt uns Adrian McKinty in eine Zeit und an einen Schauplatz, an dem sich zwei gesellschaftliche Gruppen unversöhnlich gegenüberstehen – und mitten drin ein Polizist, der zwischen allen Stühlen steht.

Es ist die Kunst eines guten Erzählers, dieses ohnehin schon schwierige Sujet nicht die eigentliche Krimihandlung vollkommen überdecken zu lassen. Adrian McKinty gelingt das mit einem Serienmörder-Plot, der inmitten des Wahnsinns des Bürgerkriegs im Leser nur noch mehr Kopfschütteln auslöst.

Dazu kommt Sean Duffy als Protagonist, ein Held des Hardboiled-Krimi: hartnäckig bis zur Sturheit, intelligent, ein einsamer Frauenmagnet. Auch dieser Roman erzählt aus der Perspektive seines Hauptdarstellers. Der kommt als Außenseiter in eine feindliche Umgebung – diesem für Kriminalromane recht bekannten Thema gibt Adrian McKinty durch die Ansiedelung von „Der katholische Bulle“ im Nordirland-Konflikt einen neuen Twist. Erzählt wird gewohnt spannend, temporeich und atmosphärisch dicht.

Der Gewinner ist …

Zweimal der Auftakt zu einer Romanreihe, zweimal eine Zeitreise in eine nicht allzu ferne Vergangenheit, zwei unterschiedliche Erzählstile und zwei sehr unterschiedliche Protagonisten: Adrian McKinty zeigt ein fantastisches Potenzial, eine große Schaffenskraft und großes literarisches Können in diesen Serienauftakten.

Ihm gelingt es dem Underdog in „Der sichere Tod“ wie auch dem Polizisten in „Der katholische Bulle“ etwas Neues abzugewinnen. Denn obwohl sich die Figuren in der Hinsicht ähneln, dass sie beide als Neulinge Hindernisse überwinden müssen, um zu ihrem Ziel zu gelangen, sind es doch völlig unterschiedliche Perspektiven, die sich dem Leser hier bieten. Die Serien verbindet die Erzählung aus Sicht des jeweiligen Hauptdarstellers, die aufgrund ihrer Funktion jedoch gegensätzlicher nicht sein könnten.

Beide Serien sind ein Muss für Krimi-Fans, denen neben einer durchdachten und spannungsreichen Handlung auch Stil und Sprache wichtige Kriterien für ein „gutes“ Buch sind. Mehr als lesenswert sind beide Romane.

Müsste ich einen Sieger küren, wäre es mit einem ganz kleinen Vorsprung „Der sichere Tod“, der Serienstart um Michael Forsythe: Der kleine Gangster mit großem Entwicklungspotenzial ist eine literarische Herausforderung und bietet in einem teils sehr stereotypen Genre Überraschungen – und schlichtweg gute, sehr spannende Unterhaltung.

Die Serien von Adrian McKinty im Überblick:

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