Bereits 2012 erschien Stephan Bierlings erste, deutlich kürzere Biographie (ISBN: 978-3406633201) des großen Mannes aus Südafrika. Dass er sich wenige Jahre später noch einmal Leben und Werk Nelson Mandelas widmet, liegt vor allem daran, dass sich ihm ganz neue Recherchemöglichkeiten erschlossen. Bierling bekam Zugang zu Dokumenten, die bisher unter Verschluss waren, und konnte mit einstigen Mitstreitern Mandelas sprechen. Bei dieser Besprechung geht es also um die neue, im Februar 2018 bei C. H. Beck erschienene Biografie.
Inhaltsangabe zu Nelson Mandela von Stephan Bierling:
Nelson Mandela, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, war eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Sein Leben und Wirken als bewegend zu bezeichnen, ist nahezu untertrieben. Diesem Leben nähert sich Stephan Bierling mit seiner Biographie auf 375 Seiten (plus einer Bibliografie, Anmerkungen und einem umfangreichen Personenregister) behutsam, sehr gewissenhaft und vor allem facettenreich. „Nelson Mandela: Rebell, Häftling, Präsident“ zeichnet den Weg eines jungen Menschen zum politischen Aktivisten nach, bringt dem Leser Mandelas Zeit als Häftling des Apartheid-Regimes nahe und porträtiert schließlich den Präsidenten, zu dem er wurde.
Herausgekommen ist dabei ein imposantes, alles andere als einseitiges Porträt, das nicht nur die Person Nelson Mandela vorstellt, sondern sie auch im Kontext der Zeit, der Politik und des Landes selbst zeigt. Nicht zuletzt zeigt das Buch Mandela als Produkt seiner Umwelt und der Umstände, denen er sich teilweise anpasste, gegen die er aber auch rebellierte. Mandela war jemand, der seine Überzeugungen nicht in Stein meißelte, im Gegenteil. Im Laufe seines Lebens bekam er häufig Gelegenheit, die eigenen Vorstellungen zu prüfen und seine Ansichten gegebenenfalls zu ändern. Mandela wirkte nicht nur deshalb auf Freunde wie Gegner manchmal rätselhaft, was wohl auch einen Teil der Faszination für seine Person ausmachte.
„Nelson Mandela“ ist eine sehr lebendige Biographie, die in den Hütten eines winzigen Dorfes, über 600 Kilometer von Johannesburg entfernt, beginnt. In sehr anschaulichem Stil beschreibt Stephan Bierling zunächst Mandelas Kindheit. Diese wäre nicht vollständig ohne die größeren politischen Zusammenhänge, weshalb Bierling den Leser einführt in die Hintergründe des Burenkriegs und die Geschichte der Apartheid. Das Bild Mandelas ist dabei, trotz aller spürbaren Bewunderung der Lebensleistung dieses Mannes, keineswegs das einer Lichtgestalt. Bierling gelingt eine authentische Darstellung eines Menschen, der als „Landei“ nach Johannesburg kommt und hier plötzlich politischen Realitäten ins Auge blicken muss, von denen er zuvor nichts geahnt hatte. Sein Widerstand formt sich langsam, sein Einfluss innerhalb des African National Congress (ANC) wächst beständig. Es ist die Zeit eines jungen Hitzkopfs in einem Land, dessen alltäglicher Rassismus viele wie ihn allmählich aushöhlt und wütend macht. Es herrscht ein Klima, das Gewalt hervorbringt – auch Nelson Mandela kann sich davon nicht freisprechen. Wie sich aus diesem rebellischen jungen Mann nach langer Gefangenschaft der versöhnliche Staatsmann entwickelte, ist ungeheuer interessant zu verfolgen.
Mein Fazit zu „Nelson Mandela“ von Stephan Bierling:
Stephan Bierling nähert sich der Person Mandela sachlich und angemessen kritisch. Das ist ihm hoch anzurechnen, denn Kritik an dem großen Freiheitskämpfer war stets schwierig, erst recht nach seinem Tod. Allzu oft wurde und wird Nelson Mandelas Geschichte auf die Politik und seine lange Haft reduziert. Auch in seiner Autobiographie verriet er nicht viel Privates. Bierling gelingt trotz offener Fragen – auch die, inwieweit er tatsächlich dem Kommunismus anhing – ein rundes Bild. Er folgt der Lebenslinie Mandelas chronologisch und streut immer wieder hilfreiche und interessante Details zur politischen und gesellschaftlichen Lage der jeweiligen Zeit ein.
„Nelson Mandela“ ist eine exzellent recherchierte und flüssig geschriebene Biographie, die den einstigen Staatsmann menschlich und charismatisch darzustellen vermag. Es gelingt Stephan Bierling, die vielschichtige Persönlichkeit Mandelas mit Würde zu nähern, ohne die nötige Distanz des umfassenden Biographen zu verlieren. Damit ist ein gelungenes Portrait entstanden, das sich zu lesen lohnt.
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