Um was geht es in „Erhebung“ von Stephen King?
Irgendwas stimmt nicht mit Scott Carey. Seine Waage zeigt dem eigentlich übergewichtigen Mann täglich an, dass er abnimmt. Aber er sieht immer noch genauso aus wie vorher – und ob er sich mit oder ohne Kleidung wiegt, macht keinen Unterschied. Ist die Waage kaputt, oder gehen hier andere Dinge vor sich? Das Theater mit seinen Nachbarn kann Scott jetzt eigentlich gar nicht gebrauchen, aber offenbar hat die ganze Stadt etwas gegen das lesbische Pärchen, das neben Scott wohnt und ausgerechnet ein vegetarisches Restaurant eröffnet. Da Scott immer weiter abnimmt, glaubt er bald, dass er nicht mehr viel zu verlieren hat. Vielleicht ist es möglich, die Nachbarschaft wieder zusammenzubringen? Scott fasst einen Plan …
Kritik zu Stephen Kings „Erhebung“:
Zurück nach Castle Rock heißt es in „Erhebung“. Fans von Stephen King kennen den erfundenen Ort in Maine nur zu gut – hier wütete unter anderem Cujo. Zuletzt las man in „Gwendys Wunschkasten“ von Castle Rock. Da ging es unter anderem auch ums Abnehmen, genauso wie übrigens in „Der Fluch“, einer alten, als Richard Bachmann veröffentlichten Geschichte, in welcher ein Zigeunerfluch verantwortlich ist für die ungewöhnliche Gewichtsabnahme. Tatsächlich erzählt „Erhebung“ etwas anderes. Stephen King hat sich in den letzten Jahren, unter anderem auf Twitter, immer wieder politisch geäußert. Der erklärte Demokrat benötigt in seiner neuen Novelle keine übernatürlichen Ereignisse, um seine Botschaft loszuwerden – vielleicht findet er auch, dass die Realität schlimm genug ist.
Denn die alltägliche Diskriminierung von Minderheiten ist Programm in den USA, und Stephen King ist einer, der sich positioniert. Nicht nur hat er offenkundig etwas gegen Donald Trump, sondern auch gegen das Klima der Vorurteile gegen alles Andersartige, was dieser Präsident mit sich bringt.
Schon vor vielen Jahren hat sich gezeigt, dass Stephen King sehr viel mehr kann als nur Horror-Geschichten. Doch gerade dieses Image haftet ihm noch immer an; als großer amerikanischen Romancier wird er sich wohl nicht mehr etablieren. Daher ist es gut möglich, dass so mancher von dieser kleinen, aber durchaus feinen Story enttäuscht sein wird, schließlich kommt sie ohne Thrill, Grusel oder gar Horror aus.
Mein Fazit zu dem Roman „Erhebung“:
Spannung ist hier Fehlanzeige: Alles in Allem ist „Erhebung“ ausgesprochen unspektakulär. Doch die nette, gut lesbare Geschichte hat ihren Reiz – ein Grund, warum ich die 144 Seiten, ohne mich auch nur ansatzweise zu langweilen, in einem Rutsch durchgelesen habe. Scott Carey macht sich gut als „Retter“ einer kleinen Stadt, wenn auch mit etwas viel Zuckerguss. Und wer bei der Widmung am Anfang des Buches aufpasst, weiß auch, woher er den Namen kennen könnte: Aus Richard Mathesons alter Story „Die seltsame Geschichte des Mr. C“. Da wird der gleichnamige Held geschrumpft. Irgendwie weniger wird er auch in „Erhebung“, und gleichzeitig so viel mehr. Darin liegt so viel Symbolik, dass ich Stephen King den Verzicht auf das Übernatürliche und die gewohnte Spannung ausnahmsweise verzeihe.
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