Um was geht es in „Freiheitsgeld“ von Andreas Eschbach?
Deutschland im Jahr 2064. Der Altbundeskanzler und ehemalige EU-Präsident Robert Havelock lebt in einem Gebiet, dass sich Oase nennt. Eine von vielen Schutzzonen, die eingerichtet wurden, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Insbesondere wohlhabende Menschen wie Havelock residieren in solch abgeschotteten Communitys. Vor mehr als dreißig Jahren hat der pensionierte Politiker das Freiheitsgeld eingeführt. Ein Grundeinkommen, dass jeder Bürger erhält und das es ihm ermöglicht, nicht zu arbeiten, wenn er das nicht will. Jetzt kommt Havelock ums Leben. Allerdings glaubt der Polizist Ahmad Müller nicht daran, dass es sich um einen Selbstmord handelt. Seine Theorie, die aber niemand so richtig glauben möchte, wird unterstützt, als kurz darauf auch ein namhafter Journalist stirbt, der als einer der großen Widersacher Havelocks bekannt geworden ist.
Kritik zu dem Roman von Andreas Eschbach:
Der deutsche Autor Andreas Eschbach ist jemand, der immer wieder Gedankenexperimente und Zukunftsszenarien in seinen Romanen verarbeitet, analysiert und auf die Spitze treibt. Das geht mal in spacige Dimensionen wie in „Eines Menschen Flügel“, mal in historische Abgründe wie in „NSA“. Für sein neuestes Werk „Freiheitsgeld“ hat er sich jetzt ein Thema vorgenommen, das seit vielen Jahren durch die Medien wandert und immer wieder Grund für Diskussionen in diversen Talkshows ist: das bedingungslose Grundeinkommen.
Die große Kunst des in Frankreich lebenden Schriftstellers ist es, solche Themen interessant und spannend aufzubereiten und in einen Plot zu verarbeiten, ohne dabei schulmeisterlich zu wirken. Das gelingt ihm auch hier. Aus ganz diametralen Perspektiven geht er der Frage nach, ob ein solches Einkommen wirklich alle sozialen Missstände verschwinden lassen würde. In dem Roman „Freiheitsgeld“ von Andreas Eschbach deutet die Antwort eher auf ein nein hin, denn natürlich sind Unterschiede vorhanden. Menschen wie Robert Havelock leben in luxuriös abgeschotteten Stadtgebieten.
Dort gibt es auch Personen wie den Physiotherapeuten Valentin, der es immerhin zu einer Anstellung in dieser Art von Resort geschafft hat, seiner Frau jedoch verheimlicht, welchen Preis er dafür zahlen musste. Dabei klingt das sehr verführerisch. Arbeit muss nicht sein, außer in elementaren Berufen wie der Pflege. Drogen sind legal, aber teuer und Kleidung und Bücher sind jederzeit verfügbar. Trotzdem scheint nicht alles Gold bei der Einführung des Freiheitsgeldes gewesen zu sein. Eine große Kritikerin ist Ahmads Freundin Franka, die als Handwerkerin arbeitet und an den steuerlichen Abgaben fast erstickt. Und so kommt Ahmad Müller Stück für Stück einer schier unglaublichen Verschwörung auf die Spur.
Eine Konspiration, die Andreas Eschbach in „Freiheitsgeld“ fast so brillant vorantreibt, wie in seinen Meisterwerken „Das Jesus Video“ und „NSA“. Aber halt nur fast. Zum einen wirken manche Dialoge etwas hölzern, zum anderen lässt der Fortgang der Handlung vermuten, dass der Autor am Ende zu viel wollte. Die Klimakatastrophe, das Funktionieren der Märkte, die große Verschwörung, dazu eine Figur wie Franka, deren Entwicklung eher schwer nachzuvollziehen ist – man bekommt den Eindruck, dass der Schriftsteller im letzten Drittel ein wenig gehetzt war den Roman, der mehr als fünfhundert Seiten hat, zu einem Ende zu bringen.
Mein Fazit:
Unterm Strich legt Andreas Eschbach mit „Freiheitsgeld“ einen spannenden und lesenswerten Roman vor, der die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen gut aufgreift, um gängige Verschwörungsszenarien ergänzt und das alles auf die Spitze treibt. Gerade das überraschende, aber nicht abschließende Ende, lässt Punkte offen, was durchaus auch ein Ansatzpunkt guter Literatur sein kann und sein soll. Trotzdem gibt es bessere Werke von ihm.
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- Buchinfos:
- Serie: Keine
- Verlag: Lübbe
- Seiten: 528
- Veröffentlichung: 26.8.2022
- Formate: Buch, eBook, Hörbuch
- Buch-ISBN: 9783785728123