Der Comic-Autor Dobbs hat eine Reihe von Graphic Novels nach den berühmten Vorlagen von H.G. Wells erschaffen. Erschienen sind die Comics “Die Zeitmaschine”, Der Krieg der Welten, “Die Insel des Doktor Moreau” und „Der Unsichtbare„. Letzterer wird hier in folgender Rezension besprochen. Eine Übersicht über alle Bände findet ihr hier.
Um was geht es in „Der Unsichtbare“?
Ein merkwürdiger Fremder taucht im Wirtshaus eines kleinen englischen Dorfes auf, verlangt nach einem Zimmer und verhält sich äußerst abweisend.
Es handelt sich um den genialen Wissenschaftler Griffin, der eine Unsichtbarkeitsformel entwickelt hat. Doch sein Selbstversuch hatte dramatische Folgen: Der Effekt ist permanent, Griffin wird nicht wieder sichtbar. Er muss sein Gesicht in Bandagen hüllen, will er ausgehen oder auch nur mit jemandem sprechen. Das weckt das Misstrauen seiner Mitmenschen: Ist er krank, einfach nur sehr hässlich, oder wird er gar von der Polizei gesucht? Von seinem Zustand entnervt und von den Menschen bedrängt, werden für Griffin moralische Maßstäbe zusehends immer unwichtiger. Er offenbart sich schließlich den Dorfbewohnern als unsichtbarer Mann und genießt seine Macht: Kann er nicht tun, was immer er will?
Über „Der Unsichtbare 1+2“ von Dobbs und Christophe Regnault:
Bereits 1897 erschuf H.G. Wells den „Invisible Man“, so der Originaltitel seiner Geschichte, die vielfach verfilmt wurde. In dieser zweibändigen Comic-Adaption setzen Autor Dobbs (Olivier Dobremel) und Zeichner Christophe Regnault das Original sehr detailgetreu um. Beide verzichten auf Experimente und inszenieren „Der Unsichtbare“ klassisch, im viktorianischen England angesiedelt. Der Autor Dobbs hat Wells‘ Geschichte dabei behutsam entkernt, ohne sie zu entstellen; es gelingt ihm sogar, hin und wieder Original-Dialoge aus der Romanvorlage einzustreuen oder sich zumindest so weit wie möglich daran zu orientieren. Zwar ist Band 1 der Graphic Novel an einigen Stellen noch nicht ganz überzeugend – hier und da wirkt die Geschichte bisweilen etwas unlogisch und etwas durcheinander -, doch im Großen und Ganzen überführt der erfahrene Szenarist die beliebte Geschichte in ein passendes Comic-Format. Zusammen mit Band 2 wird daraus eine runde Sache.
Gelungen sind dabei vor allem auch die Zeichnungen von Christophe Regnault. In der düsteren, zurückhaltenden Koloration werden die Zweifel und Ressentiments der Dorfbewohner deutlich, die sich so ihre Gedanken machen über den seltsamen Wissenschaftler im Wirtshaus. Mit wenigen Ausnahmen folgt die Aufteilung der Panels üblichen Comic-Standards, was den zwei Teilen aber keineswegs zum Nachteil gereicht. Schön sind die Szenen im zweiten Band, die Details aus Griffins Vergangenheit enthüllen und ihn dabei in seiner echten, sichtbaren Gestalt zeigen. Hier zeigt sich, dass der moralische Verfall bereits lange vor seiner Unsichtbarkeit einsetzte.
Text und Zeichnungen sind in der Graphic Novel stimmig inszeniert, bis auf wenige, bereits erwähnte kleine Schnitzer im ersten Teil rundum gut erzählt und hochwertig umgesetzt. Die Graphic Novel fängt sehr schön die Stimmung der Zeit ein, in der die Geschichte von H.G. Wells entstand. „Der Unsichtbare“ war und ist Science Fiction, aber das viktorianische Zeitalter war geprägt von den Errungenschaften der industriellen Revolution. Wissenschaften florierten, Erfindungen wurden gemacht. Gleichzeitig war Wells davon überzeugt, dass der Mensch trotz all dieser Dinge sich selbst kaum weiterentwickelt hatte. In seinen Geschichten spiegelt sich dies wider: Der Schiffbrüchige, der auf der Insel des Dr. Moreau landet, fürchtet nach seiner Rückkehr, die Menschen könnten in einen animalischen Zustand zurückfallen. In „Die Zeitmaschine“ ist ein Teil der Menschheit affenähnlich. Waren viele der Storys auch ein Abgesang auf die herrschenden Verhältnisse seiner Zeit, so zeigen sie – wie auch „Der Unsichtbare“ – zugleich eine Beschäftigung mit Mensch und Moral.
„Der Unsichtbare“ ist in dieser Comic-Version Teil einer Reihe, die sich in insgesamt sechs Bänden mit den populärsten Romanen Wells‘ beschäftigt. Der zweite Teil der Geschichte um den Unsichtbaren schließt die Serie ab. Wie alle Bände der Serie ist „Der Unsichtbare“ prachtvoll gestaltet, mit hochwertigem festem Einband und einem Prägedruck verziert. Die Coverillustrationen sind jeweils liebevoll gestaltet und schön anzusehen. Die komplette Reihe ist natürlich ein besonderes Bonbon für Fans von H.G. Wells, macht sich aber auch gut im Regal von Fans anspruchsvoll gestalteter Comics.
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Cover und Abbildungen © Splitter-Verlag.
H.G. Wells – Der Unsichtbare 1+2 von Dobbs bestellen:
Produktinfos:
Verlag: Splitter
Format: je ca. 32 cm x 23 cm
Seiten: je Band 56