Um was geht es in „I Kill Giants“ von Joe Kelly?
Barbara ist elf Jahre alt und ein bisschen merkwürdig. Anders gesagt, sie ist ein Nerd: Sie liebt Rollenspiele, hat so gut wie keine Freunde und tötet in ihrer Freizeit Riesen.
Darum hat sie auch stets einen Kriegshammer in der Tasche – wer weiß schließlich, wo der nächste Riese lauert … Tatsächlich halten alle Barbara für einen Freak.
Nur die Schulpsychologin versucht, einen Zugang zu Barbara zu finden. Das ist nicht leicht, denn das Mädchen ist ziemlich stur und gefangen in ihrer Fantasie. Dahinter steckt ein ernstes Problem, eine große Angst, der sich Barbara jedoch nicht stellen will …
Kritik zu dem Comic „I Kill Giants“:
„I kill Giants“ ist eine faszinierende Graphic Novel über einen Aspekt des Erwachsenwerdens, der für Barbara viel zu früh kommt. Nur oberflächlich betrachtet eine Fantasy-Geschichte, erzählt der Comic in Wahrheit die bittersüße Story eines Mädchens in großer Not. Autor Joe Kelly breitet diese Geschichte behutsam vor den Lesern aus. Und dabei macht er es ihnen anfangs nicht leicht, denn mit der Perspektive von außen erscheint Barbara tatsächlich ziemlich seltsam. Sie ist ein schräges Kind, das sich in eine Fantasiewelt flüchtet und dabei jeden wegstößt, der versucht, hier einen Einblick zu erlangen.
Dass dahinter tatsächlich mehr steckt, entwickelt sich in „I kill Giants“ erst nach und nach. Dabei arbeitet Joe Kelly mit mehreren Schichten, bis sich einer Zwiebel gleich Barbaras ganzes, wahres Problem aufdeckt und sie dadurch entblößt wird. Tiefsinnig und spannend erzählt die Graphic Novel eine Geschichte, die Fantasy-Fans eher enttäuschen dürfte – zumindest, wenn sie mit gewissen Erwartungen an diese Story herantreten. Denn auch wenn Barbara Feen sehen kann, die niemand sonst sieht – eine Fantasy-Geschichte ist „I kill Giants“ nicht. Dafür ist die Graphic Novel hervorragend für Comic-Einsteiger geeignet, durchaus auch für solche, die sich bisher nicht an diese Literaturform herangewagt haben.
Einen wesentlichen Beitrag dazu liefern jedenfalls die Zeichnungen von Ken Niimura. Sie wirken wie eine gelungene Kreuzung aus franko-belgischem Stil mit Indie-Touch und Manga, dabei war die Graphic Novel doch bei ihrer Erstveröffentlichung vor allem für den amerikanischen Markt gedacht. Eindringlich und einfühlsam zugleich sind Niimuras Striche, je nach Situation mal minimalistisch, mal üppiger.
Zehn Jahre lang gab es keine deutsche Übersetzung dieser Graphic Novel, die nun im Juli im Splitter Verlag erschienen ist – zur gleichen Zeit wie eine Realverfilmung der Geschichte unter der Regie von Anders Walter. Das Drehbuch verfasste Joe Kelly, der sich damit einen größeren Einfluß auf die Geschichte sicherte.
Mein Fazit zu dem Comic:
Zauberhaft, melancholisch, traurig und trotzdem hoffnungsvoll: „I kill Giants“ ist all das. Der Comic behandelt ernste Themen mit erstaunlicher, würdevoller Leichtigkeit. Einfühlsam wird uns gelehrt, dass man den Kontakt mit der Realität nur bis zu einem gewissen Grad vermeiden kann. Früher oder später holt sie uns ein, damit wir uns auch den unangenehmen Gefühlen stellen. Im Comic wartet Barbara zu lange damit, sich der Realität zu widmen. Das ist gefährlich, auch das zeigt uns die Geschichte. Und auch wenn sie für Barbara nicht „gut“ ausgeht, so liegt in ihrem Ende doch Hoffnung. Denn wo Trauer ist, ist immer auch Freude. Das muss Barbara erkennen – und diese einfache, aber auch schöne Wahrheit ist etwas, das wir als Leser aus dieser Geschichte gern mitnehmen.
Cover und Abbildungen © Splitter-Verlag.
I Kill Giants von Joe Kelly und Ken Niimura bestellen:
Produktinfos Comic:
Verlag: Splitter
Format: ca. 28,1 cm x 20,5 cm
Seiten: 240
Bei Amazon erhältlich als: Buch
Produktinfos Spielfilm:
- Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
- Untertitel: Deutsch
- Bildseitenformat: 2.39:1
- FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
- Laufzeit: 106 Minuten