Zuerst einmal möchte ich eine Mimosenwarnung aussprechen. Wer zu dieser Fraktion gehört: Finger weg von dem Buch „Die Abendröte im Westen“ und am besten auch hier nicht weiterlesen.
Nachdem Cormac McCarthy mich schon mit einigen Titeln – allen voran mit „Ein Kind Gottes“ und dem Meisterwerk „Die Straße“ begeistern konnte – und ich nach der Lektüre von dem sehr gelungenen „Zum Leben verdammt“ von Daniel Woodrell (Lesetipp!) gerne einen weiteren Western lesen wollte, habe ich voller Vorfreude zu „Die Abendröte im Westen“ gegriffen. Nicht zuletzt, weil das Buch, das im Original schon 1985 (auf deutsch 1996) erschien, von einigen Lesern als Meisterwerk, von anderen als Schund bezeichnet wird.
Kritik zu dem Roman „Die Abendröte im Westen“:
Diese Vorfreude wurde aber doch recht schnell getrübt. Zwar kann Cormac McCarthy auch in „Die Abendröte im Westen“ sprachlich absolut überzeugen – sein Wortschatz scheint geradezu unerschöpflich zu sein. Aber für meinen Geschmack verliert er sich in diesem Werk zu sehr darin, seine „Schreibe“ auszuleben. Seitenweise werden Landschaften und auch unwichtige, nicht der Handlung dienende, Nebensächlichkeiten ausufernd beschrieben. Unterbrochen von eher kurzen Begebenheiten, die die eigentliche Handlung vorantreiben.
Die Handlung selbst ist eine Aneinanderreihung von fürchterlichen Gewaltakten. Eine lose zusammengewürfelte Bande Skalpjäger zieht durch Texas und die angrenzenden mexikanischen Territorien und metzelt nahezu alles nieder, was ihnen in die Quere, oder vor die Gewehrläufe kommt. Das eigentliche Ziel sind Apachen (nervigerweise im Buch immer wieder „Apatschen“ geschrieben), auf die von verschiedenen Städten Kopfgelder ausgesetzt sind. Darauf beschränkt sich der marodierende, verkommene Haufen aber nicht – denn wer kann schon mexikanische Skalps von indianischen unterscheiden? So werden hunderte Menschen, auf zum Teil bestialische Art und Weise, ermordet und verstümmelt. Auch Frauen, Kinder und Babys werden dahin gemetzelt. Dies wird zum Teil ziemlich detailliert beschrieben. Mir zu detailliert, denn ich wollte wirklich nicht lesen, wie Kleinkinder gegen Felsen „geklatscht“ werden. Aber gut, dies sind leider historische Tatsachen und diese gibt McCarthy, wenn auch etwas deftig, nur an uns Leser weiter.
Im Grunde gibt es in „Die Abendröte im Westen“ von Cormac McCarthy keine Hoffnung, keine Sympathieträger, keine Guten, sondern nur Böse und Opfer. Auch der im Klappentext erwähnte „Junge“, der sich der Bande anschließt, verroht nicht erst durch deren Taten, sondern er ist von Anfang an ein gewissenloser, verkommener Geselle.
Aber dennoch, weniger Gräueltaten, weniger Ausschweifungen und mir hätte das Buch allein schon wegen der poetischen (auch wenn das im Bezug zum Inhalt komisch klingen mag) Schreibe von McCarthy sicherlich sehr gut gefallen. So aber kann ich das Buch nur echten Fans von McCarthy empfehlen. Manchmal ist weniger doch mehr.
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