Um was geht es in William Shaws „Der gute Mörder“?
Polizist William South, ein leidenschaftlicher Vogelbeobachter, trägt ein düsteres Geheimnis mit sich herum. Als sein Nachbar ermordet wird, mit dem er oft gemeinsam Vögel beobachtete, muss South befürchten, dass das dunkelste Kapitel seiner Vergangenheit ans Licht kommt. Denn er selbst hat einmal einen Menschen getötet – doch niemand hat dies je erfahren. South will, dass das so bleibt. Doch seine neue Vorgesetzte verlangt, dass er bei den Ermittlungen hilft. South kennt den angeblichen Mörder seines Freundes aus seiner Vergangenheit, doch dass er wirklich der Täter ist, kann er nicht glauben. Ob er will oder nicht, William muss die Hintergründe dieses Falls aufdecken – und dafür sorgen, dass seine eigene Schuld begraben bleibt.
Das Verbrechen, das William South einst beging, liegt sehr lange zurück: Er war noch ein Kind, als es geschah, und lebte damals in Nordirland. Abwechselnd erzählt William Shaw in „Der gute Mörder“ die Geschehnisse in unterschiedlichen Zeitebenen – mal ist South noch das Kind, das in den Wirren des Nordirland-Konfliktes schwere Zeiten erlebt, mal ist er der erwachsene Polizist, der unbedingt sein Geheimnis wahren will. Das macht „Der gute Mörder“ abwechslungsreich und spannend, obgleich die Geschichte eher ruhig und bedächtig erzählt wird. Nur langsam enthüllt sich, was in der Kindheit des Polizisten passierte – was er getan hat. Als klassischer Krimi zeigt sich die Ermittlungsarbeit in der Gegenwart, als packende Rückschau die früheren Ereignisse. Dabei nutzt William Shaw einen flüssigen, sehr angenehm zu lesenden Stil.
Viel Wert legt William Shaw dabei auf die Entwicklung seines Protagonisten, der sich dem Leser trotz seiner schuldvollen Vergangenheit als sympathische und überraschend unprätentiöse Figur präsentiert. Shaw ist ein ziemlich normaler Polizist, ein freundlicher Mensch, der seinen Job mag – bis auf Mordermittlungen, aber er hatte es immerhin zwanzig Jahre lang geschafft, diesen erfolgreich aus dem Weg zu gehen. Auch jetzt würde er eigentlich lieber seinen geliebten Vogelarten nachjagen als einem Mörder. In diesem Fall jedoch sorgen zum einen seine persönliche Verwicklung – immerhin kannte er das Opfer gut – und andererseits sein Pflichtbewusstsein dafür, dass Shaw sich nicht zurückzieht.
Noch einen dritten Erzählstrang gibt es in „Der gute Mörder“, in dem William Shaw die Beziehung seines Protagonisten South mit seiner neuen Vorgesetzten schildert. Die hat, im Gegensatz zu ihm, einige private Probleme und bringt eine ziemlich eigenwillige Tochter mit an ihren neuen Wohn- und Arbeitsort. South hingegen lebt aus gutem Grund allein. Dennoch entwickelt sich zwischen den beiden eine ganz eigene Dynamik.
Mein Fazit zu „Der gute Mörder“ von William Shaw:
William Shaw verbindet seine drei Handlungsebenen in „Der gute Mörder“ zu einer stringenten Geschichte, die unterhaltsam zu lesen ist. Mit leicht melancholischem Unterton erzählt der Autor die Geschichte eines im Herzen einsamen Mannes. Dem passionierten Vogelbeobachter lastet sein Geheimnis schon so lange auf der Seele, doch will er es unbedingt weiter bewahren. Warum das so ist und wie sich die Veränderungen, denen sich der Protagonist in „Der gute Mörder“ ausgesetzt sieht, auf sein Leben auswirken, davon erzählt dieser Roman. Er tut dies mit angenehmer Sprache und in einer ruhigen, aber niemals langweiligen Art – und einem rasanten Showdown.
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Der gute Mörder von William Shaw bestellen:
Produktinfos:
Verlag: Suhrkamp
Seiten: 347