Rezension zu dem Buch „Gerdas Entscheidung“ von Lena Johannson

Anmerkung: Der Roman „Gerdas Entscheidung“ ist der 1. Band der Jungfernstieg-Saga von Lena Johannson.

Um was geht es in „Gerdas Entscheidung“ von Lena Johannson?

Hanseatische Kaufleute können wahre Sturköpfe sein, wenn es darum geht, einen Auswärtigen in ihrer Mitte zu akzeptieren. Dies müssen Oscar Troplowitz und seine Frau Gerda am eigenen Leib erfahren, als sie sich Ende des 19. Jahrhunderts in Altona niederlassen. Oscar ist ein ambitionierter Apotheker, der mit großer Leidenschaft neuartige medizinische Produkte entwickeln möchte. Er übernimmt das Labor des angesehenen Paul Carl Beiersdorf und beginnt schon bald, mit vielen innovativen Ideen die Gemüter vieler Kaufleute in Wallung zu bringen.

Oscar ist beinahe zu modern für seine Zeit. Er setzt auf Reklame, die in Hamburg geradezu verpönt ist. Er kümmert sich um seine Angestellten, gewährt ihnen viele Freiheiten, die andere Arbeitgeber unter Druck setzen. All dies lässt die Abneigung der Hanseaten gegen ihn wachsen. Hinzu kommt die Tatsache, dass er Jude ist.
Intrigen, Verleumdungen und Sabotageakte sind an der Tagesordnung. Oscars Ehefrau Gerda setzt alles daran, ihren Mann zu unterstützen und sein Ansehen gerade zu rücken. Gemeinsam mit der jungen Irma, einer begabten Künstlerin, organisiert sie Kunstsalons mit großen, bisher unbekannten Talenten, zu denen sie einflussreiche Persönlichkeiten einlädt. Aber reicht dies aus, die hanseatischen Kaufleute von Oscars Qualitäten zu überzeugen und seine ehrenhaften Absichten zu demonstrieren?

Kritik zu dem 1. Band der Jungfernstieg-Saga:

Mit „Die Frauen vom Jungfernstieg – Gerdas Entscheidung“ bringt Lena Johannson den Auftaktroman einer neuen Saga in die Verkaufsregale. Darin zeichnet sie ein authentisches Bild der hanseatischen Gesellschaft ab Ende des 19. Jahrhunderts. Ihrem Roman liegen wahre Begebenheiten zugrunde, die sie mit ein wenig schriftstellerischer Freiheit für ihre Leser sehr interessant aufbereitet hat. Die Autorin erklärt in ihrem Nachwort genau, welche Fakten real sind und welche fiktiven Personen und Begebenheiten sie hinzugefügt hat.

Der historische Roman entführt die Leser in eine Zeit, in der Frauen kaum Rechte und Einfluss hatten. Sie hatten sich an der Seite ihrer Ehemänner zu zeigen und die häuslichen Arbeiten zu verrichten. Umso interessanter gestaltet sich die Geschichte, die Lena Johannson erzählt. In deren Mittelpunkt steht zwar die Geschichte des Beidersdorf-Unternehmens, aber drei Frauen nehmen darin eine äußerst wichtige Rolle ein. Die Autorin demonstriert auf eindrucksvolle Weise, dass der Einfluss der Frauen zur damaligen Zeit vielfach unterschätzt wurde.

Die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven. Dementsprechend hat sie das Buch „Gerdas Entscheidung“ in leserfreundliche Kapitel gegliedert. Ihr Schreibstil begeistert von der ersten Seite an. Angenehm flüssig und sehr lebendig beschreibt sie das Leben im hanseatischen Raum Ende des 19. Jahrhunderts. Sie geht auf belegte historische Fakten ein und vermittelt ein sehr genaues Bild der gesellschaftlichen Zustände. Es gelingt ihr mit viel Fingerspitzengefühl, die Geschichte zum Leben zu erwecken. Die Leser tauchen tief ein in die Epoche und erleben quasi hautnah mit, wie das Leben der Arbeiter durch Oscar Troplowitz revolutioniert wurde. Die Abläufe innerhalb des pharmazeutischen Unternehmens gewähren einen interessanten Einblick in die Entwicklung der neuen Produkte. Lena Johannson punktet mit starken Charakteren, die sich im Laufe der Geschichte kontinuierlich weiterentwickeln. Dadurch lernen die Leser sie nach und nach in all ihren Facetten kennen. Drei starke Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können, bilden das Aushängeschild des Romans.

Mein Fazit:

„Gerdas Entscheidung“ verspricht einen interessanten Ausflug in die Vergangenheit. Anhand des Hamburger Unternehmens Beiersdorf wird hier die Entwicklung um die Jahrhundertwende (19. / 20. Jhd.) geschildert. Wer bereit ist, sich auf eine neue Saga einzulassen, die auch die Eigenheiten der Hanseaten thematisiert, wird nicht enttäuscht. Allerdings ist auch ein wenig Geduld gefragt, denn der erste Roman lässt viele Fragen offen.

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