Rezension zu dem Krimi „Der Fall Daniela Nitschke“ von Max Annas

„Der Fall Daniela Nitschke“ ist der 3. Band der Morduntersuchungskommission-Krimiserie von Max Annas.

Um was geht es in „Der Fall Daniela Nitschke“ von Max Annas?

Berlin im Jahr 1987: Die geteilte Stadt feiert ihr 750-jähriges Jubiläum, wobei beide Stadthälften versuchen, sich so gut wie möglich zu präsentieren. Auch sind die jungen Leute nicht mehr so leicht unter Kontrolle zu halten, wie das noch vor einigen Jahren der Fall gewesen ist. Die Stasi hat alle Hände voll zu tun und die Polizisten von der Mordermittlung müssen immer wieder auf der Straße aushelfen. Das gilt für Otto Castorp, der aus Jena zur zweiten Morduntersuchungskommission nach Ost-Berlin versetzt wurde. Und hier ebenfalls jede Menge Arbeit hat, denn kurz hintereinander werden zwei Tote gefunden. Bei einem Opfer handelt es sich um eine junge Frau aus dem Osten, das zweite Mordopfer ist ein Musiker aus West-Berlin. Da dieser Mord politisch besonders brisant ist, gehen hier die Ermittlungen nicht an die zweite Kommission, sondern an höhere Kreise. Für den Fall des Mädchens ist jedoch Otto Castorp zuständig. Zu allem Überfluss verschwindet ein hochrangiger Funktionär und seine Sekretärin Erika Fichte soll Unterlagen sichten und sich Gedanken machen, wo ihr Chef geblieben ist.

Kritik zu dem Kriminalroman:

Mit „Der Fall Daniela Nitschke“ legt der in Westdeutschland aufgewachsene Schriftsteller Max Annas den dritten seiner auf insgesamt vier Romane angelegte Krimiserie um Otto Castorp vor. Nach den Ereignissen in Jena, die Otto geprägt haben, ist er froh, einen anderen Einsatzort gefunden zu haben. Allerdings stellt ihn der Mordfall vor einige Rätsel. Das Opfer war viel zu unscheinbar, um einen Mörder anzulocken. Was hat es also damit auf sich? Im Rahmen seiner Ermittlungen wird Otto einmal mehr vor die Frage gestellt, wie weit seine politische Loyalität mit dem System geht. Insbesondere dieser Zwiespalt ist ein Highlight des Romans.

Max Annas gelingt es überaus authentisch und bildhaft, den aufkommenden Zerfall des Systems darzustellen und auf seinen Protagonisten zu übertragen. Tatsächliche Großereignisse wie ein Konzert dreier bekannter Rockgrößen vor dem Reichstag in West-Berlin werden mit den fiktiven Ereignissen der Handlung in „Der Fall Daniela Nitschke“ hervorragend verknüpft. Dabei verliert der Schriftsteller die Handlung nicht aus den Augen und verbindet seine Handlungsstränge sehr geschickt miteinander. Dadurch kreuzen sich die Wege unterschiedlicher Personen, was für den Leser jede Menge Spannung bietet.

Zusätzlich ist die Rolle Südafrikas in der ehemaligen DDR ein wichtiger Aspekt des Romans. Erikas Chef war im Ministerium für die Unterstützung des ANC im Kampf gegen das Apartheidsregime verantwortlich. Hier gelingt es Max Annas hervorragend, die damalige Position der DDR authentisch darzustellen, sodass der neue Fall nicht nur bloßer Kriminalroman, sondern auch lesenswertes Zeitdokument ist.

Aus diametralen Perspektiven lässt der Autor seine Leser an den Ereignissen in „Der Fall Daniela Nitschke“ teilhaben. Daher bildet sich ein umfassendes und abwechslungsreiches Bild der Figuren, aber auch des damaligen Zeitgeschehens. In kurzen, im Erzählstil oft sehr knappen, fast minimalistisch wirkenden Kapiteln, gelingt es Max Annas, die Frage zu beantworten, warum bestimmte Staaten sich heute so verhalten, wie sie es tun. Denn das heutige Zeitgeschehen ist eine Folge früherer Ereignisse.

Mein Fazit zu dem Buch:

Wer die ersten beiden Fälle von Otto Castorp mochte, wird von diesem 3. Band ebenfalls begeistert sein. Die Mischung aus Kriminalroman und Aufarbeitung der deutsch-deutschen Geschichte ist überaus lesenswert. Man darf nach diesem Roman sehr gespannt sein, wie sich Otto Castorp im Jahr 1989 schlagen wird, denn dies soll das Jahr des letzten Romans dieser Serie sein.

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