Über Andreas Eschbachs „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“:
Das Deutsche Reich im Jahr 1942. In Weimar arbeitet Helene Bodenkamp im Nationalen Sicherheits-Amt als Programmiererin. Ihre Aufgabe ist es, Programme zu stricken. An einem Tag kommt Heinrich Himmler zu Besuch, um sich ein von Helene neu entwickeltes Grundkonzept vorführen zu lassen. Dank Verknüpfung von Datenbanken ermöglicht es diesem, über den Verbrauch von Nahrungsmitteln herauszufinden, welcher Haushalt überdurchschnittlich viele Lebensmittel benötigt und somit womöglich Juden versteckt. Die Präsentation ist ein voller Erfolg. Und erst jetzt wird Helene bewusst, wobei sie mitgeholfen hat.
Es gibt Romane, die Bestseller werden und es gibt visionäre Romane, die Kultstatus besitzen. Mit seinem neuen Epos „NSA“ ist Andreas Eschbach eindeutig ein Buch der zweiten Kategorie gelungen. Seit seinem Thriller „Das Jesus-Video“ greift er in seinen Werken immer wieder kontrovers diskutierte Themen auf. Egal ob es sich um die Frage dreht, wie Deutschland als Monarchie („Ein König für Deutschland“) oder wie die Welt ohne Erdöl aussehen würde („Ausgebrannt“). In seinem neuesten Geniestreich setzt er sich selbst die Krone auf und spielt mit der Frage, wie hätte sich die Geschichte verändert, wenn es im Dritten Reich schon Computer, Handys, Internet und soziale Medien gegeben hätte. Wie George Orwell in „1984“ agiert Andreas Eschbach in „NSA“ mit dem Gedanken der totalen Überwachung und treibt diesen mit fortschreitender Handlung auf die Spitze.
Erzählt wird diese, in jeder Phase Gänsehaut erzeugende Geschichte, in erster Linie aus Sicht von zwei Personen: Helene Bodenkamp und Eugen Lettke. Gerade die Biografie der Helene Bodenkamp ist es, die diesen Roman trägt und an der die Zeit zwischen 1933 und 1945 festgemacht wird. Als Programmstrickerin fängt sie nach dem Abitur beim NSA an und hilft maßgeblich mit, Programme zu erschaffen, die dem Deutschen Reich helfen, seine Ziele zu verwirklichen. Ihre Eltern versuchen unterdessen, die junge Frau standesgemäß unter die Haube zu bringen. Vor allem ein hochrangiger SS-Mann ist es, der versucht, Helene für sich zu gewinnen. Auf der anderen Seite ist da Eugen Lettke, wie Helene beim Nationalen Sicherheits-Amt beschäftigt. Aufgrund seines Status muss er nicht an der Front kämpfen, sondern verrichtet dies von Weimar aus.
Es ist der geistreiche Geniestreich des Andreas Eschbach, die tatsächliche Geschichte mit seiner ausgedachten und überaus erschreckenden Fiktion zu vermischen. Und zwar so, dass man ihm jedes Wort, jede Zeile abnimmt und sich gar nicht vorstellen mag, was gewesen wäre, wenn dies der Wahrheit entspräche. Man muss kein Geschichtsfanatiker sein, um diesem Roman folgen zu können, doch wer sich in der Zeit auskennt, wird viele geschichtliche Begebenheiten entdecken (das verhinderte Attentat auf Hitler in München, der Bau der Atombombe), die der Autor seiner Story angepasst hat.
Mein Fazit zum Roman „NSA“ von Andreas Eschbach:
Das große Plus dieser Erzählung ist die erschreckende Tatsache, wie realistisch Andreas Eschbach die moderne Technologie einfach in die damalige Zeit verpflanzt hat. Aus Emails werden Elektrobriefe, das Internet heißt Weltnetz, ein Volkstelefon kennen wir schon, dank einer großen Boulevardzeitung mit vier Buchstaben und Helene arbeitet natürlich an einem Komputer. All das ist so brillant geschildert, dass der Roman nicht eine Seite zu viel besitzt, was angesichts einer Stärke von rund 750 Seiten keine Selbstverständlichkeit ist. Zum Ende hin setzt sich Andreas Eschbach die Krone auf. In welche Richtung die Geschichte geht, wird hier nicht verraten. Doch es erzeugt Gänsehaut. Fest steht auch, dass nicht jeder vom Ende des Romans begeistert sein wird, doch es ist die folgerichtige und logische Konsequenz.
Ohne Übertreibung legt Andreas Eschbach mit diesem Werk den besten Roman seiner Karriere vor. „NSA“ ist Krimi, Familiengeschichte, Dystopie und Science Fiction in einem. Und das in einer überaus lesenswerten stilistischen Ausführung. Wenn man in diesem Jahr nur ein Buch lesen kann, dann sollte es dieses sein!
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