Der hier besprochene Roman „Regengötter“ (geschrieben 2009) ist der zweite Band der Hackberry Holland-Reihe. Der erste Roman „Zeit der Ernte“ (geschrieben 1971) wurde – obwohl  James Lee Burke auch hier zulande große Erfolge mit der „Dave Robicheaux-Reihe feierte“ – lange Zeit von deutschen Verlagen verschmäht. Mittlerweile sind aber alle drei Romane der Reihe bei Heyne erschienen. Aufgrund des großen zeitlichen Abstands zum Debüt kann „Regengötter“ aber auch ein hervorragender Einstieg in die Romane eines Meisters der Hard-Boiled-Krimis sein. Das Buch steht für sich allein und kann ohne Vorwissen gelesen werden.

Um was geht es in „Regengötter“ von James Lee Burke?

Sheriff Hackberry Holland hat nicht nur einen ungewöhnlichen Namen, für einen Gesetzeshüter hat er auch ein eher untypisches Alter erreicht. Im texanischen Grenzgebiet, im tiefsten Südwesten der USA ist das alles vielleicht nicht ganz so außergewöhnlich. Die neun Leichen, die dem über 70jährigen Sheriff eines Tages anonym gemeldet werden, sind es hingegen schon. Eigentlich gehört das nicht in seinen Zuständigkeitsbereich: Es sind illegal eingewanderte Asiatinnen, die als Drogenkuriere missbraucht wurden. Ein Fall für das FBI – doch in Hackberry Holland, immerhin ein Veteran des Korea-Kriegs, rührt der Anblick der verscharrten Frauen etwas. Er will dranbleiben, findet einen Zeugen – der allerdings ist bereits auf der Flucht vor den Hintermännern. Einer davon ist ein gewalttätiger Psychopath, genannt „Preacher“. Sheriff Holland ahnt nicht, worauf er sich eingelassen hat …

Regengötter von James Lee BurkeBurke präsentiert sich in „Regengötter“ als ausgezeichneter Dramaturg, der mit den Mitteln des Kriminalromans eine Gesellschaft und ihre Abgründe kritisiert. Das Böse hat in diesem Roman viele Ausprägungen, und James Lee Burke versteht es meisterhaft, sie zu beleuchten. Ist der psychopathische, bibelfeste Killer „Preacher“ der wahre Bösewicht, oder sind es die Drogenbarone und deren Auftragsmörder? Wen könnte diese Frage eher umtreiben als den Protagonisten Sheriff Holland, der in seinem Leben selbst genügend Tiefpunkte kannte und der glaubt, in seiner Arbeit einen Weg zum Seelenheil gefunden zu haben.

Es sind die Figuren, die im bild- und sprachgewaltigen „Regengötter“ herausstechen. Sie und ein derbes, raues Land als Kulisse, in dem sie angesiedelt sind, erinnern den geneigten Serienfan vielleicht an „Fargo“. Insbesondere Jack Collins, der „Preacher“, würde perfekt in dieses Setting passen. Der Sheriff wiederum bildet ein interessantes Gespann mit seiner Kollegin, Hilfssheriff Pam. Die hat ein ziemlich loses Mundwerk und haut, wenn sie es für angebracht hält, auch einem FBI Agenten gerne mal eine rein.

Mein Fazit zu dem Roman Regengötter:

Vieles an „Regengötter“ erinnert an einen klassischen Western, inklusive eines großen Showdown. Doch der Band hat mehr zu bieten: Er hat Witz und Spannung, bietet Krimi-Handlung und Gesellschaftsroman in einem. Mit über 670 Seiten ist der Roman mehr als umfangreich und dem Mittelteil hätte vielleicht etwas Straffung gut getan – aber das ist Meckern auf höchstem Niveau. Denn „Regengötter“ ist ein erstklassiges Buch, das seinen nicht ganz unkomplizierten Plot in einer sehr lesenswerten Sprache verpackt. Es ist ein Roman für alle, die beim Lesen den Staub der Landschaft auf der Zunge schmecken wollen – so anschaulich, so packend schreibt James Lee Burke. Es ist ein großer amerikanischer Krimi, der die Grenzen des Genres sprengt und der Gesellschaft mehr als einmal einen unangenehmen Spiegel vorhält.

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Produktinfos:

Verlag: Heyne

Seiten: 672

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