Um was geht es in „Vergeltung“ von Robert Harris?
Im November 1944 stehen die Nationalsozialisten bereits mit dem Rücken zur Wand. Um dem Krieg vielleicht noch eine entscheidende Wendung zu geben, beschließt man, England und explizit London, massiv zu bombardieren. Eine besondere Rolle kommt dabei Rudi Graf zu, der mit der V2 an der Entwicklung einer ganz besonderen Rakete maßgeblich beteiligt gewesen ist. Ziel ist es, die britische Hauptstadt so unter Beschuss zu nehmen, dass die Angriffe verheerende Auswirkungen haben. Als die junge Offizierin Kay Caton-Walsh einen dieser Angriffe hautnah miterlebt, beschließt sie, etwas für ihr Vaterland zu tun. Sie meldet sich freiwillig zu einem nicht gerade gewöhnlichen Einsatz. Im belgischen Mechelen sollen die Startrampen für die Raketen stehen, die es unschädlich zu machen gilt. Dabei kreuzt sich ihr Weg mit Rudi Graf, der bereits einmal unter dem Verdacht der Spionage stand.
Kritik zu dem Buch „Vergeltung“:
Der Engländer Robert Harris kann durchaus als der Gentleman unter den aktuellen Thrillerautoren bezeichnet werden. Jenseits jeglicher Action legt er immer wieder Romane vor, die sich durch anspruchsvolle Sprache, viel Detailwissen und spannende Plots auszeichnen. Dabei sind es zumeist historische Stoffe, die der Brite als Grundlage für seine Geschichten nimmt. Gerade die Zeit des Zweiten Weltkriegs hat es ihm seit seinem Debüt „Vaterland“ angetan.
Jetzt legt Robert Harris mit „Vergeltung“ einen Roman vor, der die bereits angesprochenen Tage im November thematisiert und wieder einmal sehr gekonnt historisch belegte Fakten, Personen der Zeitgeschichte und fiktive Elemente in Sachen Plot und Charaktere hervorragend kombiniert.
Im Wechsel ist der Leser bei Rudi Graf und bei Kay Caton-Walsh, wobei es der Autor schafft, nicht in ein klischeehaftes Schwarz-Weiß-Bild zu verfallen. Beide Charaktere werden gut herausgearbeitet und gerade von Rudi Graf erfährt der Leser in zahlreichen Rückblenden einiges. Denn der Ingenieur ist bei Leibe kein Nazi und vom Krieg eher desillusioniert. Auf der anderen Seite steht die junge Offizierin die gerade in Belgien nicht weiß, wem sie überhaupt vertrauen kann. Genau das sind die Momente, die „Vergeltung“ so lesenswert machen. Robert Harris braucht keine großen Schlachten und kein explodieren Häuser, um dem Leser spannende Unterhaltung zu bieten. Sicher, der dargestellte Detailreichtum und die insgesamt eher gemäßigte Grundstimmung wirken sich auch hier, wie bei all seinen Romanen, auf das Lesetempo aus.
Das eigentliche Highlight ist, neben der obligatorischen Liebesgeschichte im Strang von Kay Caton-Walsh, die Darstellung der fünf Tage, die fraglos Einfluss auf das weitere Kriegsgeschehen hatten. Erneut hat sich der Schriftsteller einen interessanten und nicht so oft beackerten Fakt herausgesucht, um dem Leser zu fesseln. Dass das Ende sehr abrupt kommt und mehr Raum und mehr Tiefe hätte vertragen können, ist angesichts der vorangegangen Seiten, ein Jammern auf durchaus hohem Niveau.
Mein Fazit zu dem Roman:
Ein Thriller von Robert Harris ist nicht die nägelkauende Lektüre, die man vor dem Schlafengehen kaum aus der Hand legen kann. Vielmehr ist auch dieser Roman der passende Lesestoff, um an einem trüben Sonntag mit einer schönen Kanne Tee auf der Couch zu sitzen und in die geschilderten historischen Ereignisse abzugleiten. Wer Geschichten mag, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielen, macht mit „Vergeltung“ nichts verkehrt und bekommt einen lesenswerten, wenn auch nicht spektakulären Roman.
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- Buchinfos:
- Serie: Keine
- Verlag: Heyne
- Seiten: 368
- Veröffentlichung: 2.11.2020
- Formate: Buch, eBook, Hörbuch
- Buch-ISBN: 9783453272095