Anmerkung: „Das zweite Geheimnis“ ist der zweite Band der Spionin-Reihe von Titus Müller.
Um was geht es in „Das zweite Geheimnis“?
Vor zwölf Jahren hat Ria Nachtmann eine folgenschwere Entscheidung getroffen. Für ihre Familie hat sie sich entschieden, in der DDR zu bleiben. Sie führt ein Leben im Schatten des übermächtigen Staates und versucht, auch die Beziehung zu ihrer Tochter Annie zu verbessern. Jedoch hat Ria ihre große Liebe, den westdeutschen Journalisten Jens, bis heute nicht vergessen. Doch an einen Westkontakt ist nicht zu denken. Trotzdem riskiert sie es, ihn während eines Urlaubs im benachbarten sozialistischen Ausland zu treffen. Als ihr Schwager Henning, ein Grenzsoldat an vorderster Front, versucht, in den Westen zu fliehen, wird Ria aus dem Urlaub geholt und eindringlich befragt. Zwar übersteht sie die Verhöre, bleibt aber unter Beobachtung der Stasi, die sich nicht davor zurückscheut, auch ihre Tochter auf Ria anzusetzen. Diese wird für die anstehenden Weltspiele der Jugend protegiert und somit steht für die gesamte Familie viel auf dem Spiel.
Kritik zu dem Roman von Titus Müller:
Mit „Das zweite Geheimnis“ legt der Schriftsteller die Fortsetzung seiner deutsch-deutschen Spionagetrilogie vor. Die Geschickte spielt zwölf Jahre nach den Ereignissen im Band 1, Die fremde Spionin, in dem die Tage vor dem Mauerbau thematisiert wurden. Somit geht es jetzt ins Jahr 1973, welches uns der Autor erneut sehr eindringlich, intensiv und authentisch vor Augen führt. Geschichte greifbar machen, lautet das erklärte Ziel von Titus Müller. Die Weltfestspiele der Jugend in Ost-Berlin, die im Jahr 1973 auch den Beinamen Woodstock des Ostens bekamen, sowie die Affäre um DDR-Spion Günter Guillaume sind die tragenden Säulen der Handlung.
Egal ob Friedrichstraße, das Stasigefängnis in Hohenschönhausen oder die Haftanstalt in Bautzen – der Leser taucht tief in die Geschichte ein, die, obgleich es fiktive Figuren sind, die hier agieren, vor Authentizität nur so strotzt. Stück für Stück zieht der Autor die Spannungsschraube an und lässt seine Protagonistin Ria kaum eine Wahl, als sich selbst zu reaktivieren und wieder als Spionin zwischen den beiden deutschen Staaten zu pendeln.
Mit zunehmender Dauer rückt auch Henning immer stärker in den Mittelpunkt und offenbart dem Leser sein Seelenleben. Dabei verzichtet Titus Müller auf eine klassische Gut-und-Böse-Zeichnung, sondern konzentriert sich darauf, wie es war: Ein Volk, dass in zwei Länder und zwei Ideologien geteilt war und im Kalten Krieg zwischen den Fronten der USA und der Sowjetunion lag und eine in der Historie einmalige Stellung hatte.
Obgleich der Blick hinter den Eisernen Vorhang mehr als gelungen ist, liefert „Das zweite Geheimnis“ aber keine Antworten auf die Frage, wie die Menschen waren, die bei der Stasi gearbeitet haben. Immerhin waren bis zum Mauerfall rund 190.000 Menschen für den Geheimdienst tätig, sodass eine pauschale Antwort hier eh nicht gerecht wäre. Von daher macht der Autor unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls alles richtig.
Mein Fazit:
Es gibt sicher nur wenige Bücher, die man unbedingt lesen muss. Wer sich für die deutsch-deutsche Geschichte interessiert, muss aber „Das zweite Geheimnis“ unter allen Umständen lesen. Die mitreißende Geschichtsstunde von Titus Müller ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Geschichte aufarbeiten und trotzdem einen hoch spannenden und differenzierten Roman schreiben kann. Nach diesem Werk wird man es kaum erwarten können, Band 3 in die Hände zu bekommen, der im Jahr 1989 spielen wird. Allerdings muss man sich noch bis zum Frühjahr 2023 gedulden, bis Der letzte Auftrag erscheint, doch die Wartezeit lohnt sich bestimmt.
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- Infos über das Buch:
- Serie: Die Spionin 2
- Verlag: Heyne
- Seiten: 400
- Veröffentlichung: 9.5.2022
- Formate: Buch, eBook, Hörbuch
- Buch-ISBN: 9783453441262